Streetwork mit Kindern und Jugendlichen

Streetwork mit Kindern und Jugendlichen
Streetwork mit Kindern und Jugendlichen Bild: Heike Becker-Sander

Schon mehr als 90 Mitglieder (Einzelpersonen, Ehepaare und Firmen) unterstützen den Förderverein der Mitternachtsmission Dortmund. Mit ihren Förderbeiträgen und Spenden können wichtige Projekte gestartet oder bewährte Angebote im Kampf gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution aufrechterhalten werden.

Was wird denn konkret mit den Mitteln gemacht? Eine nicht unwichtige Frage, wenn man sich sozial engagiert und dafür in den eigenen Geldbeutel greift. Wir wollen an dieser Stelle in loser Folge einzelne Arbeitsbereiche der Mitternachtsmission vorstellen und Einblicke in den alltäglichen Einsatz auf der Straße, in Bordellen und Clubs geben.

Ein Projekt, das der Förderverein der Mitternachtsmission unterstützt, ist die Arbeit der Streetworkerinnen, die sich um junge Frauen unter 18 und minderjährige Mädchen kümmern, die sich auf der Straße oder über das Internet als Prostituierte anbieten – wobei die Kontaktaufnahme über die sozialen Netzwerke zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Hanna Biskoping (25) und Silvia Vorhauer(52) sind zusammen mit sechs Honorarkräften zu allen möglichen Tag- und Nachtzeiten im Einsatz, und versuchen, Verbindungen zu den Jugendlichen zu knüpfen und auszubauen. Hanna Biskoping hat zur Zeit eine halbe Stelle, die durch eine Stiftung bezahlt wird, Silvia Vorhauer arbeitet fünf Stunden pro Woche, finanziert über den Förderverein. Mehr Arbeit wäre eigentlich nötig – das Geld reicht dafür aber leider nicht.

Zu mehr als 60 Mädchen und jungen Frauen bestehen im Moment mehr oder weniger enge Kontakte. Allein diese Kontaktaufnahme und das Aufrechterhalten sind schwer genug. „Man muss einen langen Atem haben, um Vertrauen aufzubauen“, erzählen die beiden Sozialarbeiterinnen. Häufig leben die jungen Mädchen schon in Jugendhilfeeinrichtungen, also außerhalb der eigenen Familien, sind misstrauisch gegenüber Hilfs- und Gesprächsangeboten. Doch die Arbeit der vergangenen Jahre trägt auch langsam Früchte. „Es gibt inzwischen Mädchen, die sich direkt an uns wenden, weil sie Hilfe und Unterstützung brauchen“, berichtet Hanna Biskoping. Nicht selten sind es erwachsene Frauen aus dem Milieu, die den Minderjährigen den Tipp mit der Mitternachtsmission geben.

Nicht nur junge Drogensüchtige oder Schülerinnen als Gelegenheits-Prostituierte gehören zur Klientel der Sozialarbeiterinnen, immer wieder stoßen sie auch in Dortmund auf Opfer von Menschen- und Kinderhandel. „2014 war es sogar eine 11-Jährige, um die wir uns gekümmert haben.“ Eine Ausnahme in diesem Problemfeld. Aber: Im letzten Jahr war die jüngste Prostituierte aus Dortmund, zu der Kontakt bestand, auch gerade erst 13 Jahre alt.

Das schnelle Geld - nicht nur für Drogen, sondern oft genug auch für das angesagte Smartphone oder schicke Klamotten lockt Minderjährige auf den Strich. „Wobei viele gar nicht denken, dass sie der Prostitution nachgehen“, so die Erfahrung der beiden Streetworkerinnen. Ein Beispiel dafür sind die sogenannten „Sugardaddys“. Meist ältere Männer, zu denen die Teenager sexuelle Kontakte unterhalten und sich dafür bezahlen lassen. Silvia Vorhauer: „Die jungen Frauen haben meist überhaupt kein Problembewusstsein. Die ein oder zwei festen Freier sind für sie noch keine Prostitution.“ Und die Argumente der Jugendlichen sind immer ähnlich: „Ich verdiene viel Geld“ und: „Ich habe Macht über Männer“.

Auf der Suche nach Anerkennung fallen auch viele der jungen Mädchen auf „Loverboys“ herein, junge Männer mit viel krimineller Energie, die die unerfahrenen Teenies erst mit Liebe und Freundschaft überschütten, um sie anschließend auf den Strich zu schicken. „Hier ist es für uns oft schwierig, Kontakte herzustellen, weil die Männer die jungen Mädchen in andere Städte im Ruhrgebiet bringen, wo der Straßenstrich noch nicht verboten ist“, berichtet Hanna Biskoping.

Trotz aller Probleme, Rückschläge und Schwierigkeiten - es gibt auch für die beiden Sozialarbeiterinnen und das Team Erfolgserlebnisse. „Das muss nicht unbedingt der Ausstieg sein, auch, wenn wir uns das für jeden Fall wünschen. Ganz wichtig ist es, den Zugang zu den Mädchen zu bekommen und Vertrauen zu schaffen“, sind sich Hanna Biskoping und Silvia Vorhauer einig. Darauf könne man dann aufbauen und gemeinsam dafür arbeiten, den Ausstieg aus der Prostitution zu schaffen. Was letztlich in vielen Fällen auch gelingt.

Die Streetwork ist natürlich nicht das einzige Betätigungsfeld der Sozialarbeiterinnen. Ganz viel Kraft und Zeit wird auch in die Prävention gesteckt. Besuche in Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen gehören dazu, Vorträge in der Fachhochschule, Aufklärung von Eltern. Gearbeitet wird derzeit auch noch an einem neuen Projekt. Aufgebaut werden soll eine Online-Beratung für junge Mädchen. Hier können sie sich dann anonym melden und erste Kontakte zur Mitternachtsmission knüpfen.

(Text: Heike Becker-Sander, 2016)

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